Tagung in Würzburg 2023: Freiheit und Unfreiheit
Internationale wissenschaftliche Tagung
„Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden”. Freiheit und Unfreiheit in Mitteleuropa (vom Frühmittelalter bis 1989)
Międzynarodowa konferencja naukowa
„Nikt nie może być trzymany w niewoli lub poddaństwie”. Wolność i niewola w Europie Środkowej (od wczesnego średniowiecza do 1989 roku)
Termin: 28. und 29. September 2023 (Donnerstag und Freitag)
Tagungsort: Archiv und Bibliothek des Bistums Würzburg (Domerschulstraße 17, Würzburg)
Link: Programm (Änderungen vorbehalten)
Das Recht eines jeden Menschen auf persönliche Freiheit ist ein zentrales Thema der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte”, die 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Im ersten Artikel wird betont, dass der Mensch frei, mit individueller Würde und ausgestattet mit unveräußerlichen Rechten, geboren wird: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren” („All human beings are born free and equal in dignity and rights”). In den nächsten Punkten wurden die Rechte garantiert, die die Freiheit des Menschen im weitesten Sinne ausmachen, unter anderem: persönliche Freiheit, das Recht auf Freizügigkeit, das Recht auf Arbeit und Beruf, auf Eigentum und das Recht zu heiraten. Im vierten Artikel der „Erklärung” – der zum Motto unserer Tagung wurde – wurde die Unveräußerlichkeit des Rechts auf Freiheit und Pönalisierung aller Formen von Versklavung erklärt: „Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel sind in allen ihren Formen verboten” („No one shall be held in slavery or servitude; slavery and the slave trade shall be prohibited in all their forms”).
Ziel der Tagung ist es, die lange Entwicklung der Idee des Rechts eines Jeden auf volle Freiheit und die Definition dieses Rechts als unveräußerlich aufzuzeigen: in der philosophischen wie rechtlichen, aber auch in der religiösen (alle Christen, unabhängig von ihrer sozialen Position, sind gegenüber Gott gleich und frei) Theorie und Praxis Mitteleuropas. Es stellt sich unter anderem die Frage, ob der in der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte” verwendete Begriff der „Sklaverei” – der auch in der Rechtsetzung der mitteleuropäischen Staaten im 19. und 20. Jahrhundert auftaucht – zu den rechtlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen in diesen Gebieten in den vergangenen Epochen (beginnend im Frühmittelalter) richtig passt. Dabei wird es ebenso interessant sein zu sehen, auf welche Weise verschiedene Formen der Beschränkung der Freiheit der Menschen definiert und inwieweit sie rechtlich und gesellschaftlich in Bezug auf verschiedene Individuen und Gruppen akzeptiert wurden. Diesbezügliche Beispiele für Rechtfertigung der Freiheitsbeschränkung sind etwa die Untergrabung des Menschseins, der intellektuellen Möglichkeit der Selbstbestimmung oder das Zulassen einer Versklavung von Nicht-Christen. In diesem Zusammenhang scheint es außerdem ebenso wichtig, die Entwicklungen in Philosophie und Theologie zu betrachten, die die Einschränkung der Freiheit einzelner Personen sowie ethnischer, sozialer oder religiöser Gruppen rechtfertigten oder ablehnten. Beispielsweise wurde in der spanischen Neuscholastik der „Schule von Salamanca” gerade diese Ablehnung intensiv durchdacht, was zur Idee des „ius gentium” im modernen Sinne führte – nicht im Sinne eines Völkerrechts, sondern eher gedacht als ein individuelles Recht der Menschen. Letzteres führt zu weiteren Fragen: Welchen Einfluss übten die in verschiedenen Regionen der Welt stattgefundene philosophische Diskurse auf die Situation in Mitteleuropa aus? Oder welche Bedeutung hatte die Reformation mit ihren verschiedenen Auslegerungen? Die Tagung zielt darauf ab, an ausgewählten Beispielen verschiedene Gründe, Ausmaß, Umstände, Formen und Folgen der Beschränkung der Freiheit der Menschen (bis auf ihre Versklavung) aufzuzeigen. Die Referate der Tagung sollen anhand konkreter Beispiele den Prozess der Umwandlung der Idee der Sklaverei im antiken Sinne in andere Formen der individuellen und kollektiven Versklavung und deren letztendliche Negierung und Pönalisierung aufzeigen und dabei auch die aktuell geführten und sehr vielfältigen wissenschaftlichen Debatten miteinbeziehen.
Der geographische Rahmen der Tagung umfasst Mitteleuropa, wobei der Schwerpunkt auf zwei Räumen liegt: den historischen polnischen und deutschen Kultur- und Geschichtsraum. Die politischen Grenzen dieser Gebiete decken sich weitgehend mit den Territorien des Heiligen Römischen Reiches, Preußens, des Deutschen Bundes bzw. des Deutschen Reichs bis hin zur DDR und BRD sowie mit Polen (Königreich Polen, Polen-Litauen, Rzeczpospolita, Herzogtum Warschau, Kongress-Polen, Zweite Polnische Republik, Volksrepublik Polen). Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich über verschiedene Epochen, vom frühen Mittelalter bis etwa 1989.
Die Tagung wird unter der Schirmherrschaft von Frau Staatsministerin Ulrike Scharf (Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales), Herrn Generalkonsul Jan M. Malkiewicz (Generalkonsulat der Republik Polen in München) und Herrn Oberbürgermeister Christian Schuchardt (Stadt Würzburg) veranstaltet.
Veranstalter:
- Polnische Historische Mission an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń) – Dr. Renata Skowrońska
- Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Philosophische Fakultät, Lehrstuhl für Fränkische Landesgeschichte – Prof. Dr. Helmut Flachenecker, Dr. Lina Schröder
- Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń, Institut für Geschichte und Archivkunde, Lehrstuhl für Geschichte der skandinavischen Länder sowie Mittel- und Osteuropas – Prof. Dr. Andrzej Radzimiński
- Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie – Prof. Dr. Caspar Ehlers
- Stiftung Kulturwerk Schlesien – Lisa Haberkern M.A.
Die Tagung wird in Verbindung mit dem Archiv und Bibliothek des Bistums Würzburg und dem Kolleg „Mittelalter und Frühe Neuzeit” veranstaltet.
Gefördert durch:
- Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales
- Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung