Tagung in Würzburg 2025: „Familie”
Internationale wissenschaftliche Tagung
„Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat”. Familie in Mitteleuropa: über territoriale, nationale, religiöse und soziale Grenzen hinweg (bis 1989)
Międzynarodowa konferencja naukowa
„Rodzina jest naturalną i podstawową komórką społeczeństwa i ma prawo do ochrony ze strony społeczeństwa i Państwa.” Rodzina w Europie Środkowej: ponad granicami terytorialnymi, narodowymi, religijnymi i społecznymi (do 1989 r.)
- Internationale – epochenübergreifende und interdisziplinäre – wissenschaftliche Tagung
- Termin: 22. und 23. September 2025 (Montag und Dienstag)
- Tagungsort: Würzburg
Ehe und Familie sind laut des Mediävisten Klaus van Eickels (2007) keine anthropologischen Konstanten, sondern kulturell determiniert. Sie unterliegen einem historischen Wandel, was sich nicht nur im interkulturellen Vergleich, sondern auch in der Geschichte des christlichen Europas nachweisen lässt. Heutzutage wird die 'Familie’, insbesondere die Kleinfamilie, bestehend aus Eltern und Kindern, oft als Fundament der Gesellschaft betrachtet. Sie bildet die grundlegende soziale Einheit, in der Werte, Normen und kulturelle Traditionen weitergegeben werden. Um Stabilität und Funktion zu gewährleisten, ist das Recht auf Familiengründung sowie der staatliche Schutz der Familie in vielen Ländern fest verankert, etwa in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 (Artikel 16 § 3): „Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat”. Dabei sind die heutigen Vorstellungen von Ehe und Familie, wie so oft angenommen wird, keineswegs „durch eine lange historische Dauer geheiligt und unantastbar” (van Eickels 2007). Hinzukommend zeigen historische Überlieferungen, dass die Unterstützung der Familie als „natürliche Grundeinheit der Gesellschaft” nicht immer und überall bedingungslos war: In verschiedenen Epochen und Regionen gab es unterschiedliche Vorstellungen davon, was eine Familie ausmacht, wer sie gründen darf und welche Rolle sie in der Gesellschaft spielen sollte. Je weiter der Blick in die Epochen zurückgeht, wurden – jedenfalls in Europa – diese Diskurse vor allem durch, vormals in der Gesellschaft fest verankerte, kirchliche Institutionen dominiert und geprägt (z. B. Rolle und Bedeutung der Ehe). Zu den religiösen Vorstellungen kamen zusätzlich je nach Region, Herrschaft, Zeit und Gesellschaft (Stadt, Dorf) politische, rechtliche oder soziale Faktoren, die sich nicht selten unmittelbar auf die einzelnen Familien, ihren gesellschaftlichen Stellenwert und ihre Existenz ausgewirkt haben.
Neben aktuellen Forschungen zur Familie und ihrer gesellschaftlichen Rolle in verschiedenen Epochen (sozusagen als Rahmen) möchte die Tagung gerade solche Familien beleuchten, die im Zuge ihrer Gründung bzw. Existenz territoriale, nationale, religiöse oder soziale Grenzen überschritten haben. Denn, so die Vermutung, passten gerade sie oft nicht in die jeweils vorherrschenden Vorstellungen einer 'idealen’ Familie und mussten sich mit diversen Herausforderungen auseinandersetzen. Solche Familien konnten, mit Blick auf die Moderne, beispielsweise aus Mitgliedern bestehen, die verschiedenen Nationalitäten angehörten, wie etwa deutsch-polnische Familien, die sich während des und nach dem Zweiten Weltkrieg(s) gründeten oder durch die Grenzveränderungen nach 1945 plötzlich in einer anderen Nation lebten (zum Beispiel wie Schlesien). Diese Familien mussten oft mit Vorurteilen und rechtlichen Hürden kämpfen, da sie in beiden Ländern als 'anders’ betrachtet wurden. Ein weiteres Beispiel sind Familien, deren Mitglieder unterschiedlichen Konfessionen angehörten, wie zum Beispiel christlich-jüdische Ehen im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts. Diese Familien standen häufig vor gesellschaftlicher Ausgrenzung und mussten ihre religiösen Praktiken und Identitäten oft im Verborgenen leben. Auch soziale Grenzen spielten eine Rolle, etwa bei Familien, die aus unterschiedlichen sozialen Schichten stammten. Ein Beispiel hierfür sind Ehen zwischen Adligen und Bürgerlichen, die oft auf starken Widerstand sowohl aus den eigenen Reihen als auch von der Gesellschaft stießen.
Die während der Tagung präsentierten Referate sollen den herrschaftlichen/staatlichen und gesellschaftlichen Umgang mit diesen 'Außenseiter-Familien’ – wird hier als Arbeitsbegriff verwendet – darstellen. Anhand konkreter Beispiele und unter Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Forschung soll untersucht werden, wie diese Familien in verschiedenen Kontexten behandelt wurden. Dabei nicht im unmittelbaren Zentrum der Tagung diskutiert werden soll der Wandel und Gebrauch des Familienbegriffs selbst: Bereits im Lateinischen existent (familia) unterlag er in verschiedenen Epochen unterschiedlichen Bedeutungen und Gebrauchsfrequenzen (siehe u. a. Nave-Herz 2013; Ehlert 1991; Bulst et al. 1981). Stattdessen sollen drei zentrale Leitfragen dazu helfen, in der epochenübergreifenden und interdisziplinären Diskussion potentielle Verständnishürden zu überwinden. Sie werden bereits an dieser Stelle publiziert, damit Sie die Möglichkeit haben, sich im Rahmen Ihrer Präsentation im Vorfeld der Tagung mit diesen zu beschäftigen. Sie dienen dann ferner am Ende der Bündelung der Schlussdiskussion auf der Tagung selbst:
- Was verstehen Sie in ihrer Disziplin/Epoche unter Familie?
- Was machte eine Familie zu einer 'Außenseiter-Familie’, inwieweit ist diese Umschreibung überhaupt angemessen?
- Inwieweit wurden 'Außenseiter-Familien’ akzeptiert, toleriert oder diskriminiert? Welche rechtlichen und sozialen Mechanismen kamen zum Einsatz, um mit ihrer Existenz umzugehen?
Die Erforschung von Familien, die Grenzen unterschiedlicher Art überschritten haben, ermöglicht Einblicke in die Vielfalt und Komplexität menschlicher Gemeinschaften. Sie zeigt, wie Familien in der Vergangenheit mit Herausforderungen umgingen und welche Strategien sie entwickelten, um in unterschiedlichen sozialen, religiösen und politischen Kontexten zu bestehen. Sie trägt dazu bei, das Verständnis für die Entwicklung von Familienstrukturen im historischen polnischen und deutschen Kulturraum zu vertiefen und die Bedeutung von Toleranz und Vielfalt in der heutigen Gesellschaft, insbesondere in Polen und Deutschland, zu betonen.
Der geografische Rahmen der Tagung umfasst Mitteleuropa, wobei der Schwerpunkt auf den historischen polnischen und deutschen Kultur- und Geschichtsraum gelegt wird. Auch Referate zu anderen Regionen, die die Perspektive der Tagung erweitern, sind willkommen. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich über verschiedene Epochen bis etwa 1989, um so einen umfassenden Überblick über die Entwicklung und den Wandel der Familienstrukturen und -dynamiken zu ermöglichen.
Call For Papers
Wir laden alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler herzlich ein, mit ihren Referaten an der Tagung teilzunehmen. Bitte richten Sie Ihre Vorschläge (Anmeldeformular: Teil 1 und Teil 2) bis zum 6. Januar 2025 per E-Mail an Dr. Renata Skowrońska (E-Mail: renata.skowronska@uni-wuerzburg.de).
- Es handelt sich um eine epochenübergreifende und interdisziplinäre Tagung. Der Call for Papers richtet sich entsprechend an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Epochen und Fachdisziplinen, vor allem aus dem Bereich der Geschichtswissenschaften, aber auch der Politik- oder Rechtswissenschaften, der Soziologie oder der Geographie. Einführende, übergreifende und vergleichende Beiträge sind explizit erwünscht. Ebenso können Einzelbeispiele mit entsprechender Signifikanz auf der Tagung vorgestellt werden.
- Die Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch. Für jeden Vortrag ist eine Dauer von 20 Minuten vorgesehen. Tagungsgebühren werden nicht veranschlagt. Honorare können nicht gezahlt werden. Die Veranstalterinnen und Veranstalter bemühen sich derzeit, die Reise- und Übernachtungskosten der Referierenden sicherzustellen.
- Es ist uns wichtig, dass die Referate nach der Tagung zum Druck vorbereitet werden. Die Veröffentlichung der Beiträge ist im Jahrbuch Bulletin der Polnischen Historischen Mission Nr. 21 (2026) vorgesehen.
Veranstalterinnen und Veranstalter:
- Polnische Historische Mission an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń) – Dr. Renata Skowrońska
- Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Philosophische Fakultät – PD Dr. Katharina Kemmer, PD Dr. Lina Schröder, Prof. Dr. Thomas Baier, Prof. Dr. Helmut Flachenecker
- Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń, Institut für Geschichte und Archivkunde – Prof. Dr. Andrzej Radzimiński, Prof. Dr. Krzysztof Kopiński
- Haus des Deutschen Ostens (HDO) in München – Prof. Dr. Andreas Otto Weber
- Stiftung Kulturwerk Schlesien – Lisa Haberkern M.A.
Die Tagung wird in Verbindung mit dem Kolleg 'Mittelalter und Frühe Neuzeit’ veranstaltet.
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